Die „Dicke Berta“ von Cornelius Kolig – eine Schallkanone zum Verschießen von Fürzen. Vorderberg | AT · 2010–2022 (© PP · # 2836 · www.ewigesarchiv.at) Der im November 2022 verstorbene Künstler Cornelius Kolig fehlt mir sehr, er ist einer der Menschen, die ich besonders vermisse. Ich lernte ihn 1981 kennen bei einem Besuch in seinem Atelier, damals in St. Martin in Villach, mit seinem Werk bin ich erstmals konfrontiert worden in einer Ausstellung im „20-er Haus“, dem damaligen Museum für zeitgenössische Kunst in Wien (heute: Belvedere 21) im Jahr 1973. In seinem „Paradies“ in Vorderberg im Gailtal in Kärnten war ich seither viele Male, im Sommer, wo alles blüht, wächst und riecht, ebenso wie im Winter. Das alle Bereiche des Lebens umfassende Werk von Cornelius Kolig war und ist heftig umstritten, eine der infamsten Hetzkampagnen nach dem Ende des NS-Terror-Regimes gegen einen Künstler wurde im Jahr 1998 von der Kronen Zeitung und der FPÖ-Kärnten unter Jörg Haider gestartet.
Oft denke ich daran, dass jetzt, wo der Künstler verstorben ist, er niemals mehr selbst durch die weitläufige Anlage führen und zu einigen der mehr als 400 Objekte und Installationen sprechen wird können. Ich bin sehr froh, dass ich noch im Juni 2022 eine Führung mit einem kleinen Team filmen konnte – aber ich wünschte, ich hätte noch viel, viel mehr aufgezeichnet. Aber weil ich Cornelius Kolig seit 1981 kannte, ihn und sein Werk ungemein schätze und immer noch völlig fassungslos bin, wie riesig seine Hinterlassenschaft ist, fühle ich eine gewisse Verpflichtung in mir, zumindest zu versuchen, das, was ich im Laufe von mehr als 40 Jahren fotografiert, gefilmt, dokumentiert und in zahlreichen Begegnungen und Gesprächen erfahren habe, möglichst anschaulich zusammenzufassen und weiterzugeben.
Ich behalte Cornelius „Cornel“ Kolig als ungemein liebenswerten, reflektierten und humorvollen Menschen in Erinnerung, dem der Schutz der Umwelt ein besonderes Anliegen war.
Zum Objekt „Dicke Berta“, 1992
„Schallkanone zum Verschießen von Fürzen. Am unteren Ende des Rohres ein Lautsprecher, von einem CD-Player mit Verstärker gespeist. Rohr bündelt den Schall. Wiedergabe mit großer Lautstärke (dass die Scheiben zittern). Im Audioarchiv CDs mit Furzdateien. Rohr auf Beschädigungen durch Schallwellen kontrollieren. Aufhängung prüfen.“
aus: Cornelius Kolig, Das Paradies, Die Bedienungsanleitung, Klagenfurt, 2013, Ritter
Im Zentrum der Arbeit von Cornelius Kolig standen tabuisierte primäre Lebensäußerungen wie Sexualität, die Funktionalität menschlicher Ausscheidungen sowie die breite Sinnlichkeit des Aktionistischen.
„Was ist denn künstlerisches Schaffen, wenn nicht das Verarbeiten, Veredeln, Verdichten, Destillieren von in der alltäglichen Wirklichkeit Vorgefundenem?“
Cornelius Kolig
„Die Bloßlegung und Verstärkung des Sinnlichen und damit Vermittelbaren des Lebens, seiner Schönheit und seiner Schrecken, von Wollust und Ekel, von Liebe, Gewalt, Krankheit, Leid, Tod, berauschter Existenzergriffenheit, des Stoffwechsels, der Farben, des Gestankes, der Wohlgerüche, des Tastens, der Freuden des Schmeckens und des Hörens . . . ist Inhalt des „Paradies“-Projektes.“
Cornelius Kolig
„Das Paradies. Die Bedienungsanleitung“
Foto links oben: Die Mitarbeiter der Firma, in der die Dicke Berta produziert wurde.
Cornelius Kolig’s “Big Berta” – a sound cannon for firing farts. Vorderberg | AT 2010–2022 (© PP # 2836 www.ewigesarchiv.at) I miss the artist Cornelius Kolig, who died in November 2022, very much, he is one of the people I particularly miss. I met him in 1981 when I visited his studio, back then in St. Martin in Villach. I was first confronted with his work in an exhibition in the “20-er Haus”, the then Museum for Contemporary Art in Vienna (today: Belvedere 21) in 1973. I have been to his “paradise” in Vorderberg in the Gail Valley in Carinthia many times since then, in summer where everything blooms, grows and smells, as well as in winter. Cornelius Kolig’s work, which encompasses all areas of life, was and is highly controversial. One of the most infamous hate campaigns against an artist since the end of the Nazi terror regime was launched in 1998 by the Kronen Zeitung and the FPÖ-Carinthia under Jörg Haider.
I often think that now that the artist has passed away, he will never again be able to guide through the extensive complex and speak to some of the more than 400 objects and installations. I am very happy that I was still able to film a guided tour with a small team in June 2022 – but I wish I had recorded much, much more. But because I have known Cornelius Kolig since 1981, appreciate him and his work immensely and am still completely stunned by the extent of his legacy, I feel a certain obligation to at least try to do what I have learned over the course of more than 40 years years photographed, filmed, documented and experienced in numerous encounters and conversations, to summarize and pass on as clearly as possible.
I remember Cornelius “Cornel” Kolig as an extremely lovable, thoughtful and humorous person, for whom protecting the environment was a particular concern.
About the object “Fat Berta”, 1992
“Sonic cannon for firing farts. At the bottom of the tube is a loudspeaker fed by a CD player with an amplifier. Pipe bundles the sound. Playback at high volume (that the discs are shaking). In the audio archive CDs with fart files. Check pipe for damage from sound waves. Check suspension.”
from: Cornelius Kolig, The Paradise, The Operating Instructions, Klagenfurt, 2013, Knight
At the center of Cornelius Kolig’s work were taboo primary expressions of life such as sexuality, the functionality of human excretions and the broad sensuality of actionism.
“What is artistic creation if not the processing, refining, condensing, distilling of what is found in everyday reality?”
Cornelius Kolig
“The exposure and strengthening of the sensual and thus conveyable of life, its beauty and its horrors, of lust and disgust, of love, violence, illness, suffering, death, intoxicated existential emotion, of the metabolism, the colors, the stench, the pleasant smells, of touch, the pleasures of taste and hearing. . . is the content of the “Paradise” project.”
Cornelius Kolig
“The paradise. The user manual”
Photo top left: The employees of the company where Fat Berta was produced.