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Mistkübel · garbage can 02

17/11/201911/17/2019

„Was bleibt über von mir?“ und/oder: „Essen in der U-Bahn ein starkes Zeichen des Widerstandes oder ein Beispiel für die Entsolidarisierung der Gesellschaft?“ Amsterdam | NL; Berlin | DE; Ebensee, Gänserndorf, Wien | AT; London | UK; Paris | FR · 2000–2018. (© PP · Ewiges Archiv) Ich lebte lange Zeit mit der Vorstellung, nicht älter als 35 Jahre zu werden – jetzt bin ich zu meiner Überraschung doch viel älter geworden und also alt und mein Ende kommt unaufhaltsam immer näher. „Nothing to be frightened of“? (Julian Barnes) – Na, das werde ich erst sehen, „Wenn es soweit ist“ (Josef Winkler). Jedenfalls versuche ich, aufzuräumen, wegzugeben, mir zu überlegen, was ich behalten will. Ich denke daran, wer meine Zeug sichten muss, entscheiden, was aufzuheben, weiter benützt werden kann, was weggeschmissen werden muss. Vielleicht sind das auch müßige Fragen – vor rund 70 Jahren wurde der Werkstatthof, in dem mein Studio ist, von Bomben getroffen und schwer zerstört. Da wäre von mir und meinen Habseligkeiten gar nichts mehr über geblieben.

Elegante Überleitung zur nächsten Frage, die ich mir stelle – ausgelöst durch den geschmeidigen Neologismus „Dönerstag“: Vor einigen Wochen gabs eine „Donnerstags-Demo“ die auch eine „Dönerstags-Demo“ war/wurde – ein Protest gegen das von den Wiener Linien ausgerufene Essverbot in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Also: Die Leberkäsesemmel, den Doppel-Whopper in der U-Bahn essen, als Zeichen der Freiheit, als Manifest gegen die schwarz-blaue Koalition? Ich glaub’, mich tritt ein Pferd!

Ich denke dabei eher an die Mitarbeiter*innen in den grünen Westen, die mit den Plastiksäcken durch die U-Bahn gehen und die Reste aufsammeln, an die Arbeiter*innen in den Remisen und Werkstätten in Wien-Simmering, die die grauslichen Pizzateile herausfitzeln, die Kotze wegwischen und die Waggons reinigen müssen – und mir kommts beim Schreiben hoch, wenn ich an die Schnitzelsemmeln und Fast-Food-Derivate denke, die in der Straßenbahn hinuntergewürgt werden bzw. hinterlassen werden. Als Archivar der Do-Demos der Koalition des Schreckens von 2000 an, sage ich mir: für diese in meinen Augen zutiefst reaktionäre, spießige und unsolidarische Haltung und Losung gehe ich nicht auf die Straße, sorry to tell.

“What will be left of me?” And / or: “Eating in the underground a strong sign of resistance or an example of the desolidarization of society?” Amsterdam | NL; Berlin | DE; Ebensee, Gänserndorf, Vienna | AT; London | UK; Paris | FR · 2000-2018. (© PP · Eternal Archives) I lived for a long time with the idea of not getting older than 35 years – now, to my surprise, I have become much older and therefore old and my end is coming closer and closer. “Nothing to be frightened of”? (Julian Barnes) – Well, I’ll see that first, “When the time comes” (Josef Winkler). In any case, I try to clean up, give away, to think about what I want to keep. I think of who has to look my stuff, decide what to pick up, continue to be used, what needs to be thrown away. Maybe those are idle questions – about 70 years ago, the workshop where my studio is was hit by bombs and badly destroyed. There would have been nothing left of me and my belongings.
Elegant transition to the next question I ask myself – triggered by the lithe neologism “Dönerstag”: A few weeks ago there was a “Thursday demo” which was also a “Dönerstags demo” was – a protest against that of the Vienna lines exclusion of eating in public transport. So: The Leberkäsesemmel, eat the double Whopper in the underground, as a sign of freedom, as a manifesto against the black-blue coalition? I can not believe this!
I think more of the employees in the green west who go with the plastic bags through the subway and pick up the leftovers, to the workers in the outbuildings and workshops in Vienna-Simmering, who fumble the horrible pizza parts, wiping the puke and cleaning the wagons – and I feel like writing up when I think of the chips and fast food derivatives that are being strangled down the tram. As an archivist of the do-demos of the Coalition of the Terror of 2000, I say to myself: for this in my eyes deeply reactionary, stuffy and unsolidarian attitude and slogan I’m not on the street, sorry to tell.

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