Kabul, Afghanistan – revisited after all this years! Baden, Wien | AT; Kabul | AF · 1973–2024 (Fotos re: © NN via Festival La Gacilly Baden; © PP · # 3307 · www.ewigesarchiv.at) Beim Besuch des tatsächlich großartigen „Festival La Gacilly Baden“ von Lois Lammerhuber in Baden hatte ich ein Flashback der besonderen Art: Unvermittelt stand ich vor einer riesigen Vergrößerung einer Stadtansicht von Kabul (gr. Foto re.), daneben, etwas kleiner, aber immer noch riesig, einige weitere Fotos, offensichtlich in jüngster Zeit in der Hauptstadt Afghanistans aufgenommen (den Namen des/der Fotograf*in habe ich leider nicht dabei gefunden). Sofort dachte ich an meine Trampreise, die mich vor mittlerweile 51 Jahren auch nach Kabul geführt hatte und bei der ich nur zwei Rollen SW-Film belichtet habe (Fotos linke Seite). Links oben bin ich mit dem afghanischen Fahrer eines Busses bei einem Zwischenstop, daneben völlig erschöpft an einer Grenzstation zwischen Iran und Afghanistan. Über diese Reise hatte ich schon vor einigen Jahren öfter Tableaux und Texte auf meiner website veröffentlicht (s. Texte und links unten). Ganz rechts unten die Beschriftung eines „Kabul Restaurants“, das ich auf der Schönbrunnerstraße vor kurzem gesehen hatte.
Text zu den Farbfotos beim Festival La Gacilly Baden:
Kabul, Afghanistan, DAS LEBEN GEHT WEITER
„Am Fuße der majestätischen Berge des Hindukusch liegt die Hauptstadt des Landes, das zu Recht als Friedhof der Imperien bezeichnet wird. Ihre Geschichte reicht mehr als zwei Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung zurück, und im Schatten ihrer Mauern spielte sich der Aufstieg und Fall zahlreicher Dynastien ab: Achämeniden, Hephthaliten, Saffariden, Timuriden, Moguln, Khaldschi... Die jüngste Geschichte der Stadt ist keine Ausnahme. Strategisch günstig an der alten Seidenstraße gelegen, war Kabul in den letzten Jahren einer der wichtigsten Schauplätze der großen Ereignisse der globalen Geopolitik. Kabul steht für vier Jahrzehnte der Gewalt, des Dramas und der Tränen. Vier Jahrzehnte der Spannungen, der Angst und des Misstrauens. Vier Jahrzehnte innerer Vertreibung. Und dann, im September 2021, mit der letzten Rückkehr der Taliban, stand plötzlich alles still: Die Zeit der Unterdrückung der Frauen und die mittelalterlichen Anklänge eines autoritären Regimes kehrten zurück. Doch Kabul hat es immer verstanden, diejenigen, die das Glück haben, dorthin reisen zu können, zu faszinieren und zu verführen, und selbst unter dem Joch der Fundamentalisten leistet die Bevölkerung, die immer wieder Frieden und Freiheit genossen hat, weiterhin zähen Widerstand.“ Festival La Gacilly Baden
Texte zu meiner Trampreise 1973 (Auszüge)
Per Autostop und Bus nach Afghanistan (und Indien, Nepal, klar!) Reisen in einem anderen Zeit/Raum-Kontinuum. Iran · 1973 (© PP · www.ewigesarchiv.at) Damals – mit 19 Jahren, war ich zum zweiten Mal zu einer „Tramp-Reise“ aufgebrochen – Richtung Indien und Nepal sollte es diesmal gehen, natürlich per Autostopp – wie sonst? Mit Visa für den Irak, für Nepal etc. Mit Bergsteigerrucksack, einem (viel zu dünnen) Schlafsack, „Camping Gaz“-Kocher, Alutopf, zusammenlegbarem Besteck und einem Weltatlas. mit Traveller-checks – natürlich keine Creditcard, kein mobile phone, kein iPad, kein Internet und auch keine Internetcafes. Damals auch noch ohne Reiseführer – Informationen wurden bei Treffen an Straßenknotenpunkten weitergegeben – es gab einige hotspots – zb „Puddingshop“ in Istanbul, in Europa natürlich den Vondelpark in Amsterdam etc. dort hingen unzählige Zettel an den Pinnwänden, dort wurden Infos ausgetauscht etc. Auf diesen großen Trip wollte ich gar keinen Fotoapparat mitnehmen, – Hans Kienesberger „drängte“ mir schließlich seine „Exacta“ (eine in der DDR hergestellte Spiegelreflexkamera) auf. Auf der ganzen Reise belichtete ich nur 2 SW-Filme mit je 36 Aufnahmen. Zu diesem Tableau nur soviel: Die erste Etappe von Langwies im Salzkammergut führte mich mit verschiedenen Zwischenstopps tatsächlich per Autostop bis Nis in Jugoslawien – das es damals tatsächlich noch gab. Nach einiger Zeit des Wartens hielt ein Bus vor mir. Ich winkte sofort ab – keinesfalls hatte ich die Absicht, mit einem öden, spießigen Bus auch nur einen Kilometer mitzufahren. Per „Interrail“-Fahren war sowieso das Letzte für meinesgleichen. Aus dem Bus stieg allerdings eine Art blonder Prinz Eisenherz. Mit Pagenkopf und breitem Grinsen sagt er mir auf Englisch, dass der Bus Richtung Afghanistan unterwegs sei und ich gegen ein paar Dollar eine lange Strecke mitfahren könnte. Nach kurzem Zögern meinen Rucksack genommen und rein. Wie sich herausstellte, hatten zwei Afghanen in München einen alten Bus gekauft, den sie nach Afghanistan bringen wollten – der blonde Typ war ein dänischer Kunsttischler namens Mogens Hou Petersen – mit dem ich dann die wahrlich abenteuerliche Reise fortsetzte. Die Reise im Bus insgesamt sehr eindrücklich – etappenweise wurde über den Preis verhandelt, viele Zwischenstopps bei Werkstätten, Reparaturen. Der Mann neben mir war einer der beiden Fahrer. (Foto links oben)
Bis zur Grenze von Afghanistan waren mein Co-Tramper Mogens Hou Peterson, Kunsttischler aus Kopenhagen mit blonder Prinz-Eisenherz-Frisur und ich in einigen Wochen gekommen – mitgefahren mit 2 Afghanen, die in München einen ausrangierten Bus gekauft hatten und alle Reisewilligen gegen geringes Entgelt mitnahmen. Nach einigen Tagen Wartens an der Grenze entschlossen wir uns, zu zweit weiterzufahren. Mit verschiedenen Bussen über die Städte Herat und Kandahar nach Kabul. In Kandahar schließlich begann schlagartig unser Verhängnis: Durchfall in extremis – vermutlich durch verunreinigtes Wasser ausgelöst. Details dazu und Beschreibungen der für uns beide eher ungewohnten Sanitäreinrichtungen erspare ich mir (außer, dass ich mich selber als „Shi..ing Bull“ bezeichnet habe). Jede Etappe eine Qual. In Kabul angekommen, ein einfaches Hotel gefunden. Gr. Foto links: die beiden Hotelbetreiber mit dem Rezeptionsbuch, kleines Foto darunter: mein Gefährte darniederliegend. Ich hab mindestens so jämmerlich ausgeschaut. Es war wie in schlechten Abenteuerromanen: Wir verbrachten die Tage in Kabul total erledigt in einem kleinen Zimmer – nur ganz selten ging ich zum Markt, um ein paar Erdäpfel und Karotten zu kaufen, die wir dann auf meinem kümmerlichen „Camping Gaz“ Kocher versuchten, weich zu kochen. Elendiglich. Die Fotos vom Markt und „Afghan streetlife“ stammen von diesen kurzen Ausflügen. Nachdem es uns rapide schlechter ging, mussten wir uns sehr schweren Herzens von unseren Indien/Nepal-Plänen verabschieden – wir hatten beide das Gefühl, es geht zu Ende. An Rückflug oä. war sowieso nicht zu denken – in der Preisklasse, in der wir unterwegs waren, war Reisen mit dem Flugzeug einfach keine Option. Kein Easy Jet also weit und breit. Die einzige Chance, die wir sahen, war es, über den Khyber-Pass mit dem Bus nach Peschawar in Pakistan zu gelangen, von dort mit dem Zug nach Quetta im Süden von Pakistan zu fahren und dann durch die Wüste von Zahedan wieder in den Iran und dann weiter Richtung Europa zu kommen. Riesige Distanzen. Alles „geplant“ bzw. ausgedacht mit einer völlig unzureichenden „Weltkarte“ – ohne Telefon, ohne „googeln“ zu können bzw ohne mal schnell im Netz einen Fahrplan nachzuschlagen. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnten: die härteste Etappe lag noch vor uns.
Kabul, Afghanistan – revisited after all these years! Baden, Vienna | AT; Kabul | AF – 1973-2024 (Photos re: © NN via Festival La Gacilly Baden; © PP – # 3307 – www.ewigesarchiv.at) While visiting the truly magnificent “Festival La Gacilly Baden” by Lois Lammerhuber in Baden, I had a flashback of a special kind: Suddenly I was standing in front of a huge enlargement of a city view of Kabul (large photo on the right), next to it, somewhat smaller but still huge, some other photos, obviously taken recently in the capital of Afghanistan (unfortunately I did not find the name of the photographer). I immediately thought of my hitchhiking trip, which had also taken me to Kabul 51 years ago and during which I only exposed two rolls of black and white film (photos on the left). On the top left I am with the Afghan driver of a bus at a stopover, next to it completely exhausted at a border station between Iran and Afghanistan. I had already published several tableaux and texts about this trip on my website a few years ago (see texts and below left). At the bottom right is the caption of a “Kabul Restaurant” that I had recently seen on Schönbrunnerstraße.
Text for the color photos at the Festival La Gacilly Baden:
Kabul, Afghanistan, LIFE GOES ON
“At the foot of the majestic Hindu Kush mountains lies the capital of a country that is rightly referred to as the graveyard of empires. Its history stretches back more than two millennia before our era, and the rise and fall of numerous dynasties took place in the shadow of its walls: Achaemenids, Hephthalites, Saffarids, Timurids, Mughals, Khalji… The city’s recent history is no exception. Strategically located on the ancient Silk Road, Kabul has been one of the most important sites of major events in global geopolitics in recent years. Kabul stands for four decades of violence, drama and tears. Four decades of tension, fear and mistrust. Four decades of internal displacement. And then, in September 2021, with the last return of the Taliban, everything suddenly came to a standstill: the era of oppression of women and the medieval echoes of an authoritarian regime returned. But Kabul has always managed to fascinate and seduce those lucky enough to travel there, and even under the yoke of the fundamentalists, the population, which has always enjoyed peace and freedom, continues to put up tenacious resistance.” Festival La Gacilly Baden
Texts about my hitchhiking prices 1973 (excerpts)
Hitchhiking by car and bus to Afghanistan (and India, Nepal, of course!) Traveling in a different time/space continuum. Iran – 1973 (© PP – www.ewigesarchiv.at) Back then, at the age of 19, I had set off on my second “hitchhiking trip” – this time to India and Nepal, of course by hitchhiking – how else? With visas for Iraq, Nepal etc. With a mountaineering rucksack, a (much too thin) sleeping bag, a “Camping Gaz” stove, an aluminum pot, foldable cutlery and a world atlas. with traveler’s checks – of course no credit card, no mobile phone, no iPad, no Internet and no Internet cafes. At that time, I didn’t even have a travel guide – information was passed on at meetings at street junctions – there were a few hotspots – e.g. “Puddingshop” in Istanbul, in Europe of course the Vondelpark in Amsterdam etc. There were countless notes on the notice boards, where information was exchanged etc. I didn’t want to take a camera with me on this big trip – Hans Kienesberger finally “forced” his “Exacta” (an SLR camera manufactured in the GDR) on me. During the whole trip I only exposed 2 black and white films with 36 shots each. Just this much about this tableau: the first leg of the journey from Langwies in the Salzkammergut actually took me by car to Nis in Yugoslavia – which actually still existed at the time – with various stops along the way. After waiting for a while, a bus stopped in front of me. I immediately waved it off – I had no intention of riding even one kilometer on a dull, stuffy bus. Traveling by “Interrail” was the last thing on my mind anyway. However, a kind of blond Prince Valiant got off the bus. With a pageboy head and a broad grin, he told me in English that the bus was on its way to Afghanistan and that I could travel a long distance for a few dollars. After a moment’s hesitation, I took my rucksack and got on. As it turned out, two Afghans had bought an old bus in Munich that they wanted to take to Afghanistan – the blond guy was a Danish carpenter called Mogens Hou Petersen – and I continued the truly adventurous journey in it. The journey on the bus was very impressive overall – the price was negotiated in stages, with lots of stops at workshops and repairs. The man next to me was one of the two drivers. (Photo top left)
My co-hitchhiker Mogens Hou Peterson, a cabinetmaker from Copenhagen with a blond Prince Ironheart hairstyle, and I had made it to the border with Afghanistan in a few weeks – traveling with two Afghans who had bought a discarded bus in Munich and took all those willing to travel with them for a small fee. After a few days of waiting at the border, we decided to travel on together. We took various buses via the cities of Herat and Kandahar to Kabul. In Kandahar, our doom began abruptly: diarrhea in extremis – presumably caused by contaminated water. I’ll spare you the details and descriptions of the rather unfamiliar sanitary facilities for both of us (except that I described myself as a “shi..ing bull”). Every stage a torture. Arrived in Kabul, found a simple hotel. Large photo on the left: the two hotel operators with the reception book, small photo below: my companion lying prostrate. I looked at least as miserable. It was like in bad adventure novels: we spent the days in Kabul totally exhausted in a small room – only very rarely did I go to the market to buy a few potatoes and carrots, which we then tried to cook on my meagre “Camping Gaz” stove. Miserable. The photos of the market and “Afghan streetlife” are from these short trips. After we got rapidly worse, we had to say goodbye to our India/Nepal plans with a very heavy heart – we both had the feeling it was coming to an end. A return flight was out of the question anyway – in the price range we were traveling in, traveling by plane was simply not an option. No Easy Jet far and wide. The only chance we saw was to take a bus over the Khyber Pass to Peshawar in Pakistan, take the train from there to Quetta in the south of Pakistan and then cross the Zahedan desert back into Iran and then on to Europe. Huge distances. All “planned” or thought up with a completely inadequate “world map” – without a telephone, without being able to “google” or quickly look up a timetable on the internet. What we didn’t know at the time was that the toughest stage was still ahead of us.