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Im Vorhof des Pantheons von Cornelius Kolig · In the forecourt of the Pantheon by Cornelius Kolig

Im Vorhof des Pantheons von Cornelius Kolig · In the forecourt of the Pantheon by Cornelius Kolig

Im Vorhof des Pantheons von Cornelius Kolig: Installation zur Herstellung der „Harnbretter“. Weitere wieder „aufgetauchte“ SW- und Farb-Fotos des Koligschen Paradieses. Vorderberg | AT · 1991 (Farbfotos © Bernhard Lemersleitner © PP · # 3330 · www.ewigesarchiv.at) Die SW-Aufnahme machte ich selbst im Jahr 1991 für das von Arch. Beny Meier geplante und schließlich herausgegebene Buch „ARCHITEKTUR IN KÄRNTEN 1980 1992“, die beiden Fotos rechts der nach Vorderberg mit mir mitgefahrene Bernhard Lemersleitner. Zum Hintergrund der Entstehung und des Wieder-Auffindens der Fotos siehe Text unten.

„Harnbretter seit 1986. Hartfaserplatten echtvergolden oder uringelb lackieren und im Plattenbehälter aus Alu zwischenlagern. Bei Harndrang Platte mit der Farbseite nach oben auf die Gewindestangen der Harnrinne auflegen, das Gestell an Handgriffen anheben und den Urin auf die Platte ablassen. Bevor der Harn am unteren Rand über die Plattenkante abrinnt, Gestell mit Hilfe der Gegengewichte in die Horizontale schwenken. Platte samt Urin mit schnelltrocknendem, schwarzbraunem Lack übersprayen. Nach Trocknung die auf dem Urin schwimmenden Lackhäute mit Wasser und Bürste entfernen. Harnbretter an den Pfeilern des Pantheons befestigen oder in der Sixtina oder im Lager archivieren. Große Schale gut reinigen. Mit Trinkwasser für Vögel und für Paradieskatzen füllen.

Videos, C-Prints von Frames.“ (C. Kolig)

aus: Cornelius Kolig, Gebrauchsanweisung für das Paradies, Seite 308, 2013, Ritterverlag

Zum Hintergrund der Entstehung und des Wieder-Auffindens der Fotos

Vor wenigen Tagen nahm ich nach längerer Zeit wieder eine dicken „bene-Ordner“ mit Filmstreifen in Pergamenthüllen zur Hand, um bestimmte Fotos zu suchen, aufgenommen in einer Zeit, als es noch keine digitale Fotografie (zumindest keine weitverbreitete) gab und der Begriff „analoge-Fotografie“ niemandem bekannt, zumindest nicht gebräuchlich war. Fotografie war Fotografie mit SW- / Farb- und/oder Diafilmen, die belichtet, entwickelt und „ausgearbeitet“, respektive vergrößert und verscannt wurden. In einer dieser Negativhüllen stieß ich auf eine Serie von Architekturfotografie, die ich Anfang der 1990-er Jahre für das von Arch. Beny Meier geplante und schließlich herausgegebene Buch ARCHITEKTUR IN KÄRNTEN 1980 1992 gemacht hatte. Allesamt SW-Aufnahmen für die wir entweder gemeinsam oder ich alleine durch weite Teile Kärntens gefahren waren. Die Fotos hatte ich mit einer Nikon FA, und soweit ich mich erinnern kann, mit einer 35 mm Weitwinkel-Optik und einem ausgeborgten Shift-Objektiv gemacht (ein Objektiv für Architekturfotografie, mit dem die Parallaxenverschiebung (die „stürzenden Linien“)  weitgehend vermieden werden konnte. Zu meiner Überraschung und Freude darunter auch eine Reihe von Aufnahmen, die ich im „Paradies“ von Cornelius Kolig gemacht hatte. Die Anlage in einem recht frühen Zustand, die Gebäude meist noch unbewachsen. Viele weitere Häuser für die Installationen und Objekte sollten in späteren Jahren noch dazukommen.

Im schließlich gedruckten Buch ist allerdings keine meiner Aufnahmen veröffentlicht, sondern zwei Fotos von Kolig selber vom bewachsenen Innenhof und eine Entwurfsskizze und ein Text des Künstlers, den ich bisher nicht kannte und sehr interessant und kompakt finde.

Das Paradies (früher HRAM) Cornelius Kolig

,,So wie ein Baum je nach Witterungslage einmal schmälere und einmal breitere Jahresringe ansetzt, so wächst DAS PARADIES seit dem Baubeginn entsprechend den finanziellen Möglichkeiten in verschieden starken Schüben langsam, aber kontinuierlich, mit ständigen Änderungen und Verwandlungen wie ein Embryo.

Als HRAM, als Kunstspeicher zur Lagerung und Benützung meiner Objekte und Bilder konzipiert, ist mir sein endgültiges Aussehen nur eine vage Vorstellung. Gebaut wird nach Schmierskizzen, Arbeitsmodellen oder ganz einfach nur nach der Vorstellung, selten nach einem Plan. Auf meinem Bildschirm wabert unscharf ein Gebilde, halb Kreuzer (mit Beibooten) und Vierkanthof, halb Fabrik, halb Kirche, ein Mischling aus Südseeinsel und Arbeitslager, aus Labor und Dschungel, ein Bastard aus Uterus und Palettensilo, aus Organ und Maschine – DAS PARADIES als Wandlungsmaschine ...

... Die architektonische Formensprache ist zurückhaltend und einfach Ruhe statt Verrenkungen, anonymes Bauen statt Architektendesign. Die Materialien sind ,schäbig', billig und prächtig zugleich. Den Romantikern und Schwärmern, die sich in lauen Sommernächten ins PARADIES einschleichen wollen, täuschen falsch postierte Warnblinklampen vor, sie davor zu bewahren, in meine zur Sicherung dieser vergifteten Schrebergartenidylle ausgelegten Scheißen zu treten." 

C. Kolig

Anerkennungspreis 1991 für gutes Bauen

Beny Meier, ARCHITEKTUR IN KÄRNTEN 1980 1992, Ritter Klagenfurt

Konzeption und Koordination: Beny Meier

Redaktionskomitee (Auswahl der Objekte): Dietrich Ecker, Graz; Gernot Kulterer, Villach; Beny Meier, Faak am See; Dietmar Steiner, Wien

Texte zu den Objekten: Dietmar Steiner

Fotos: Peter Putz, Ausnahmen sind direkt bezeichnet

In the forecourt of Cornelius Kolig’s Pantheon: installation for the production of the “urinary boards”. Further “resurfaced” b/w and color photos of Kolig’s paradise. Vorderberg | AT – 1991 (color photos © Bernhard Lemersleitner © PP – # 3330 – www.ewigesarchiv.at) I took the black-and-white photo myself in 1991 for Arch. Beny Meier’s book “ARCHITEKTUR IN KÄRNTEN 1980 1992”, the two photos on the right were taken by Bernhard Lemersleitner, who traveled with me to Vorderberg. For the background to the creation and retrieval of the photos, see the text below.
“Urinary boards since 1986, hardboard panels painted real gold or urine yellow and temporarily stored in an aluminum plate container. When you need to urinate, place the board with the colored side up on the threaded rods of the urinary channel, lift the frame by the handles and drain the urine onto the board. Before the urine runs off the bottom edge of the plate, use the counterweights to swivel the frame into a horizontal position. Spray the plate and urine with quick-drying, black-brown paint. After drying, remove the paint skins floating on the urine with water and a brush. Attach the urine boards to the pillars of the Pantheon or archive them in the Sistine or in the storage room. Clean the large bowl well. Fill with drinking water for birds and cats of paradise.
Videos, C-prints of frames.” (C. Kolig)
from: Cornelius Kolig, Instruction manual for paradise, page 308, 2013, Ritterverlag

Background to the creation and rediscovery of the photos
A few days ago, after a long time, I picked up a thick “bene folder” with film strips in parchment sleeves to look for certain photos, taken at a time when there was no digital photography (at least not widespread) and the term “analog photography” was not known to anyone, at least not in common use. Photography was photography with black-and-white / color and/or slide films that were exposed, developed and “processed”, or enlarged and scanned. In one of these negative sleeves, I came across a series of architectural photographs that I had taken in the early 1990s for the book planned by Arch. Beny Meier’s book ARCHITEKTUR IN KÄRNTEN 1980 1992, which was finally published. All of them were black and white photographs for which we had either traveled together or I had traveled alone through large parts of Carinthia. I had taken the photos with a Nikon FA, and as far as I can remember, with a 35 mm wide-angle lens and a borrowed shift lens (a lens for architectural photography with which the parallax shift (the “falling lines”) could be largely avoided. To my surprise and delight, this also included a series of shots that I had taken in Cornelius Kolig’s “Paradise”. The grounds in a fairly early state, the buildings mostly still uncovered. Many more houses for the installations and objects were to be added in later years.
However, none of my photographs are published in the finally printed book, but two photos by Kolig himself of the overgrown inner courtyard and a design sketch and a text by the artist, which I didn’t know before and find very interesting and compact.

Paradise (formerly HRAM) Cornelius Kolig
“Just as a tree grows thinner and wider annual rings depending on the weather conditions, DAS PARADIES has been growing slowly but continuously since the start of construction, with constant changes and transformations like an embryo.
Conceived as HRAM, as an art store for the storage and use of my objects and pictures, its final appearance is only a vague idea to me. It is built from sketches, working models or simply from imagination, rarely from a plan. On my screen, a blurred structure, half cruiser (with dinghies) and square yard, half factory, half church, a hybrid of South Sea island and labor camp, of laboratory and jungle, a bastard of uterus and pallet silo, of organ and machine – THE PARADISE as a transforming machine …
… The architectural language of form is restrained and simply calm instead of contortions, anonymous building instead of architectural design. The materials are ‘shabby’, cheap and splendid at the same time. The romantics and enthusiasts who want to sneak into the PARADISE on balmy summer nights are deceived by falsely positioned flashing warning lights to prevent them from stepping into the shit I have laid out to secure this poisoned allotment idyll.”
C. Kolig
Recognition award 1991 for good building

 

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