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Zeit „festhalten“ wollen, während Leben vergeht · Wanting to ‘hold on’ to time while life passes

Zeit „festhalten“ wollen, während Leben vergeht · Wanting to ‘hold on’ to time while life passes

Zeit „festhalten“ zu wollen, während das eigene Leben vergeht. In Schwarz-Weiß, in Farbe und im Körper. Paris | FR · 1990 (© PP · # 3387 · www.ewigesarchiv.at) Aufforderung an mich für dieses Tableau waren die beiden Bilder in der unteren Hälfte dieser Zusammenstellung: Eine Frau hilft ihrem/einem Mann, Orden an seinem Jackett bzw. um den Hals anzubringen, am 14. Juli 1990, dem französischen Nationalfeiertag, dem Tag des Sturmes auf die Bastille am 14. Juli 1789. Erstaunlich finde ich, dass ich damals, vor über 30 Jahren, diese Situation, diesen kurzen Moment sowohl Schwarz-Weiß mit meiner Nikon, einer 35 mm Spiegelreflex-Kamera und meiner kleinen Canon-Kompaktkamera mit Farbfilm, aufgenommen hatte. Es ist auch damit eine kurze Zeitspanne dokumentiert: im linken Foto wird zunächst das Ordens-Emblem an der linken Seite des Jacketts befestigt, im rechten Foto hilft die Frau, das Ordensband am Nacken des Mannes zu fixieren. 

Die beiden Fotos in der oberen Hälfte zeigen mich selbst, ebenfalls in Paris 1990: links mit meiner 16-mm Bolex Filmkamera auf Stativ bei einer Pressekonferenz von Jean-Marie Le Pen, des Gründers der rechtsextremen Front National im Gebäude des französischen Parlament, im rechten Foto ein beiläufig entstandenes Selbstportrait, während ich den Angriff auf die LIBRAIRIE OGMIOS dokumentierte (siehe nähere Information unterhalb). Es ist auch interessant, nach den vergangenen 34 Jahren, mich selbst im Spiegel zu sehen: Sehr konzentriert und fokussiert auf das Schaufenster, die Spuren des Einschlages, in der Hand an diesem Tag eine kleine Canon Kompaktkamera (natürlich „analog“, mit Diafilm, 36 Aufnahmen pro Rolle), bekleidet mit einer praktischen Anglerjacke á la Joseph Beuys (dessen Markenzeichen diese Art von Jacke war). 

Der Angriff auf die LIBRAIRIE OGMIOS. Paris | FR · 1990 (© PP · # 2616 · www.ewigesarchiv.at) Wenn ich diese Assemblage von Fotos betrachte, die ich vor 32 Jahren, im Mai 1990 in Paris machte – ich selbst auf einem davon zu sehen mit einer kleinen Kamera in der Hand im Spiegel neben einem Schaufenster mit den Spuren eines Steines oder eines Schlagstockes – steigt immer noch ein massiver Schwall von Gefühlen und Erinnerungen hoch. Sehr verkürzt handelte es sich an diesem Tag um ein weiteres dramatisches Ereignis in einer ganzen Folge von Geschehnissen, die ausgelöst wurden durch die entsetzliche Schändung des jüdischen Friedhofs im südfranzösischen Ort Carpentras, bei der in der Nacht zum 9. Mai 1990 nicht nur dreißig Gräber verwüstet worden waren, sondern die Täter überdies den Leichnam eines kurz zuvor Verstorbenen exhumiert und in besonders entwürdigender Weise auf einem anderen Grab abgelegt hatten. (s.u.) In Folge kam es zu großen Demonstrationen in Paris (s. link unten) und auch zu dem in diesem Tableau dokumentierten Angriff einer Gruppe von jüdischen Aktivisten auf eine Buchhandlung, die bekannt dafür war, dass sie rechtsextreme und nationalistische Bücher und Publikationen vertrieb. (s. dazu Essay von des Journalisten Richard Bellet unten). Dieser massive Protest waren einer von vielen Auseinandersetzungen, Demonstrationen, Umzügen und Protesten, die ich vor über 30 Jahren, im Frühsommer 1990 im Rahmen eines 6-monatigen Aufenthaltes in Paris in der cité des arts internationale fotografiert hatte, die oft „begleitet“ wurden durch einen massiven Aufmarsch der CRS, der Compagnies Républicaines de Sécurité (Republikanische Sicherheitskompanien). 

Wanting to ‘capture’ time while your own life is passing. In black and white, in colour and in the body. Paris | FR – 1990 (© PP – # 3387 – www.ewigesarchiv.at) I was prompted to create this tableau by the two pictures in the lower half of this compilation: A woman helps her husband to attach medals to his jacket and around his neck, respectively, on 14 July 1990, French National Day, the day the Bastille was stormed on 14 July 17, 1990. I find it astonishing that at that time, over 30 years ago, I had taken this situation, this brief moment, both in black and white with my Nikon, a 35 mm SLR camera and my small Canon compact camera with colour film. It also documents a short period of time: in the left-hand photo, the order emblem is first attached to the left side of the jacket; in the right-hand photo, the woman helps to attach the order ribbon to the man’s neck.
The two photos in the upper half show myself, also in Paris in 1990: on the left with my 16-mm Bolex film camera on a tripod at a press conference of Jean-Marie Le Pen, the founder of the far-right Front National in the French parliament building, in the right photo a casual self-portrait taken while I was documenting the attack on the LIBRAIRIE OGMIOS (see more information below). It is also interesting to see myself in the mirror after the past 34 years: Very concentrated and focused on the shop window, the traces of the impact, in my hand that day a small Canon compact camera (of course ‘analogue’, with slide film, 36 shots per roll), dressed in a practical fishing jacket á la Joseph Beuys (whose trademark was this kind of jacket).

The attack on the LIBRAIRIE OGMIOS. Paris | FR – 1990 (© PP – # 2616 – www.ewigesarchiv.at) When I look at this assemblage of photos I took in Paris 32 years ago, in May 1990 – myself in one of them with a small camera in my hand in the mirror next to a shop window with the marks of a stone or a baton – a massive surge of emotions and memories still rises up. In a nutshell, that day was another dramatic event in a whole series of events triggered by the appalling desecration of the Jewish cemetery in Carpentras in the south of France, in which not only thirty graves were vandalised on the night of 9 May 1990, but the perpetrators also exhumed the body of a recently deceased person and placed it on another grave in a particularly degrading manner. (see below) This led to large demonstrations in Paris (see link below) and also to the attack by a group of Jewish activists on a bookshop known for selling right-wing extremist and nationalist books and publications, as documented in this tableau. (see essay by journalist Richard Bellet below). This massive protest was one of many clashes, demonstrations, processions and protests that I photographed over 30 years ago, in the early summer of 1990, during a 6-month stay in Paris in the cité des arts internationale, which were often ‘accompanied’ by a massive deployment of the CRS, the Compagnies Républicaines de Sécurité (Republican Security Companies).

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Zeit „festhalten“ zu wollen, während das eigene Leben vergeht. In Schwarz-Weiß, in Farbe und im Körper. Paris | FR · 1990 (© PP · # 3387 · www.ewigesarchiv.at) Aufforderung an mich für dieses Tableau waren die beiden Bilder in der unteren Hälfte dieser Zusammenstellung: Eine Frau hilft... mehr lesen

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