Kriegsende
In den letzten Kriegstagen war eine Luftwaffeneinheit mit Fliegerabwehrgeschützen und anderen leichten Geschützen im Neudorf stationiert, oder vielleicht im Rückzug "hängengeblieben". Die Flak war hauptsächlich auf der Großvater-Wiese, wo jetzt die Siedlung an der Pfaffingstraße ist stationiert. Nach dem Krieg haben dann dort die Amerikaner ihre Zelte aufgeschlagen (tatsächlich Zelte) und einen Feldflugplatz für Kleinflugzeuge angelegt. Auch in unserem Hof stand eine Vierlingsflak der deutschen Wehrmacht und ein paar andere Fahrzeuge. Ein Feldwebel, ein Wiener, schlief bei uns in der Wohnung. Wieso, warum, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich wollte er nicht im Zelt oder im Fahrzeug schlafen, Anfang Mai war es ja doch noch recht kühl. Auf Grund seiner gehobenen Stellung war es ihm möglich, sich um ein „Privatquartier“ umzusehen. Alle die Leute, die fallweise bei uns einquartiert waren, und das war damals oft der Fall, schliefen in unserem Wohnzimmer, der "Bauernstube", der „guten“ Stube, durch die wir in das Schlafzimmer gehen mussten, denn in den alten Häusern waren die meisten Räume „gefangene Räume“, d.h. man musste jeweils durch einem in den nächsten gehen.
Am Morgen des 6. Mai 1945, einem Sonntag, lag etwas in der Luft. Das merkte jeder, aber man wusste nicht was. Unser Feldwebel rasierte sich am frühen Morgen, bisher hatte er den Bart wuchern lassen. Ganz plötzlich und klammheimlich zog die Luftwaffeneinheit ab.
Mein Freund Lois (mein späterer Schwager) und ich, gingen am späten Vormittag des 6. Mai in die "Låmbå" (so nennt man in Ebensee das Ortszentrum westlich der Traun) bis zur Traunbrücke und noch ein Stück auf die Brücke. Die damalige Brücke war aus Beton, zwei Bögen spannten sich oberhalb der Brücke über den Fluß, in der Mitte ein mächtiger Pfeiler. Dieser Pfeiler sollte eine oder zwei Fliegerbomben enthalten, das wusste ich, oder gaubte ich zu wissen. Ich war nämlich daran zumindest indirekt beteiligt gewesen, als man sie in der Nacht (unmittelbar davor?) für den Transport dorthin vorbereitete, mit eigenen Augen habe ich sie gesehen. Zunächst waren die Bomben in dem Luftschutzstollen gelagert, der in der Ischlerstraße nächst der Brücke war. Es waren Fliegerbomben angeblich amerikanischer oder britischer Herkunft. Jedenfalls glaube ich, dass die Aufschriften in englischer Sprache waren. Weiß der Teufel, wo praktisch nagelneue „feindliche“ Fliegerbomben herkamen. Bisher hatte ich von amerikanischen Bomben nur indirekt gehört, wenn sie riesige Schäden angerichtet hatten, oder höchstens von Blindgängern. Mag sein, dass das „restaurierte“ Blindgänger waren.
Auch ich war dazu auserkoren gewesen, mit einigen anderen 13/14-jährigen Buben kleine Fliegerbomben – vielleicht hatten sie 10 Kilo oder weniger – an den Weichen des Verschiebebahnhofes zu situieren und mit einer gut einen Meter langen Zündschnur zu zünden; ein "todsicheres" Himmelfahrtskommando. Für uns Buben waren solche Aktionen aber so etwas, wie Indianerspielen.
Wie ernst und wie gefährlich das war, war uns nicht bewusst. Wer uns dazu „angeheuert“ hatte, weiß ich nicht mehr, ich kann mich nur erinnern, dass wir im Warteraum des Bahnhofs einen Plan der Gleisanlage in die Hand gedrückt bekamen, wo die Sprengstellen eingezeichnet waren. Wer uns „eingeschult“ hat, weiß ich nimmer, ob es ein Soldat, ein Zivilist oder Parteifunktionär war. Es kam nicht dazu, warum weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich weil niemand mehr da war, der uns den Befehl dazu gegeben hätte, Gott sei Dank! Im Zusammenhang mit dem Auftrag zu diesem Sprengkommando, eines Nachts (unmittelbar vor dem 6. Mai?) in dem genannten Stollen sah ich auch die großen Bomben. Die Pioniere, die sie hierher transportiert hatten, sprachen davon, dass sie für „die“ Brücke bestimmt seien. Ob damit tatsächlich die Traunbrücke gemeint war, weiß ich nicht, aber ich nahm es an. Strategisch „sinvoller“ wäre ja die Sprengung der „Kaiserbrücke“ nahe der Einmündung der Langbathstraße in die Hauptstraße gewesen, denn damit wäre sowohl die Verbindung nach Bad Ischl, als auch zum Ortsteil rechts der Traun unterbrochen worden.
Lois und ich standen jetzt in der Mitte der Brücke, genau über der vermuteten Bombe im Pfeiler. Ob sie wirklich da war? Daran dachte ich in diesem Augenblick aber nicht, Lois wusste ohnedies nichts davon. Wenn alles programmgemäß abgelaufen wäre, hätten wir auch keine Gelegenheit mehr gehabt zum Denken, denn die Brücke hätte spätestens jetzt in die Luft fliegen müssen. Ganz ernst dürfte ich die Sache aber trotzdem nicht genommen haben, denn sonst wäre ich nicht dort gestanden. Es ist gut, dass Programme nicht immer erfüllt werden. Die schweren Lastwagen der Luftwaffeneinheit, die erst jetzt die Brücke erreicht hatten (warum haben die für die kurze Strecke so lange gebraucht?) donnerten über die Brücke, aber die Brücke stand fest und keine Bombe explodierte.
Drüben läuft die Ischlerstraße die Traun entlang. Die Brücke stieß damals dort im rechten Winkel an die Straße an. Anfangs der 1950er Jahren, als man die Brücke neu und wegen der früher sehr häufigen Überschwemmungen pfeilerlos baute, glaubte man, dass das nicht gut sei und baute sie schräg über die Traun. Neue Zeiten – neue Perspektiven. An diesem Maitag wusste aber davon noch niemand etwas und es wäre auch ganz egal gewesen, in welchem Winkel die Lastwagen-kolonne mit den Geschützen die Traun überquerte. Sie bog drüben nach links in die Straße Richtung Bad Ischl ein. Gegenüber der Brücke war die Gewerbebank (so hieß sie damals, später wurde sie in Volksbank umbenannt), davor ein eisernes Geländer, wo früher immer Pensionisten standen oder daran lehnten, oder auch Schichtarbeiter, noch früher Arbeitslose. Arbeitslose gab es 1945 ohndies keine, ob es wieder einmal welche geben würde, darüber machte sich damals niemand Gedanken. Kein Mensch stand dort. Pensionisten schien es auch keine mehr zu geben, alle standen nämlich mit der Waffe in der Hand in den Reihen des "Volkssturms" um für "Führer und Reich" zu kämpfen.
Wir hielten inne in der Mitte der Brücke. Die Wagenkolonne stockte auch. Die Wagen, die schon nach links, Richtung Ischl, abgebogen waren, fuhren weiter. Die anderen hielten auf und vor der Brücke. Von rechts, auf der Hauptstraße – Adolf-Hitler-Straße hieß sie zu der Zeit natürlich noch – kamen andere Militärfahrzeuge, kleinere, wendige Wagen. Diese Type hatten wir noch nie gesehen. Später wussten wir, dass das („Ur-‟)Jeeps waren. Sie hatten eine andere Farbe, als die deutschen, aber nach Dreck sahen beide Farben aus Soldaten dort und da. Auch die Uniformen in den anderen Fahrzeugen hatten eine andere Farbe, aber auch wie Dreck. (In der Lesung anlässlich des Festivals der Regionen in Ebensee interpretierte Walter Pilar das so, dass die Autos und Uniformen dreckig waren. Gemeint ist ist aber hier von mir, dass die Farben „dreckähnlich“ waren). In einem der kleinen Wagen stand ein Soldat aufrecht, Stahlhelm mit Tarnnetz. Dahinter tauchte das Kanonenrohr eines Panzers auf. An allen Fahrzeugen, die von Norden kamen, von unten, von Traunkirchen, waren eigenartige Peitschen, wie wir sie von Bierfuhrwerken der Brauereien kannten, nur viel länger. Wozu brauchen die Peitschen, die haben doch keine Pferde? So oder ähnlich dachten wir – oder erst später, denn wir dachten in diesem Augenblick wahrscheinlich gar nichts, weil wir zu sehr damit beschäftigt waren, das Neue überhaupt zu verdauen (die "Peitschen" waren Antennen der Funkgeräte). Die Brücke stand noch immer. Die Kolonnen standen auch. Es tat sich eine scheinbare Ewigkeit nichts, rein gar nichts. Alle standen und schauten. Warum schießt niemand? Warum geht die Brücke nicht hoch? Auf einmal durchzuckte mich es mich wie ein Blitz und ich sagte zu Lois – aber in einem Ton, wie wenn ich sagen würde, es werde bald regnen – "dös san Amerikaner!" Amerikaner hatten wir bisher nur als hochfliegende Flugzeuge gekannt, nicht einmal als Kriegsgefangene hatte man diese Gattung zu Gesicht bekommen (weil es wahrscheinlich keine gab). Jetzt kamen sie auf einmal auf der Straße daher, wie Menschen sahen sie aus, wie unsereiner. Wieso wußte ich, dass das Amerikaner waren? Sind das Menschen wie wir? Bisher hatte man's anders gehört, Untermenschen seien das. Tarnfarbe hatten manche im Gesicht, später allerdings kamen wir darauf, dass das keine Farbe war, sondern dass es Neger waren (das Wort „Farbige“ kannten wir damals noch nicht, jedenfalls war es nicht üblich), es waren also doch nicht alle "ganz wie wir". Für uns und für mich begann jetzt so etwas wie die „Stunde Null“, obwohl mir das nicht bewusst war.
Noch in der Früh – ich war beim See unten, am Landungsplatz gewesen, nachdem ich aus dem "Nachtdienst" (siehe unten) im Volkssturmhauptquartier im heutigen Museum am Heimgehen war, war Seilbahn- und Schiffahrts-Direktor Ippisch – der, als er noch Schustergeselle war, viel in der Welt herumgekommen ist und angeblich sogar Hofschuhmacher am englischen Hof gewesen war und daher Englisch konnte – mit einer zusammengerollten weißen Fahne am Ortseingang gestanden, an der Straße, nach der Bahnübersetz. Auch dort war ein eisernes Geländer, wo früher die Rentner und Schichtarbeiter lehnten. Auch dort lehnte niemand mehr. Mit ihm standen dort der jetzt noch amtierende Nazi-Bürgermeister Hermann Heißl und noch einige Leute, auch solche, die vor wenigen Tagen oder Stunden noch politisch untragbar gewesen waren und die man am liebsten als Kommunisten an die Wand gestellt hätte. Es war ein Glück, dass das niemand getan hatte, aber die Abzüge der Exekutionsgewehre lagen locker in diesen Tagen. Der letzte Bürgermeister vor 1938 war auch dabei, ein „Schwarzer“, der spätere ÖVP-Nationalratsabgeordnete Josef Mittendorfer. Das waren bei Gott alle keine Kommunisten, aber in dieser Zeit war in den Augen der Mächtigen, oder jener, die sich so fühlten, alles, was nicht faschistisch war, kommunistisch.
Eine knappe Woche davor, am 1. Mai 1945, im Morgennebel, war plötzlich eine rot-weiß-rote Fahne von einer Felswand am Wimmersberg gehangen. „Eine Kommunistenfahne“ sagte die Frau des Vizeortsgruppenleiters, oder was immer er oder sie gewesen sein mag. „Eine Kommunistenfahne“ sagte auch der Gustl, mein Jungzugführer bei der DJ. Ich sagte zu ihm „ich hab´ sie gesehen, aber es ist nur eine rot-weiß-rote Fahne“. Gustl konnte mit diesen Farben offensichtlich nichts anfangen. Aber „eine Kommunistenfahne“ sagten alle im Dunstkreis der NSDAP. Die anderen, die Rot-Weiß-Rot von Rot unterscheiden konnten, auch politisch, hätten den Begriff „Kommunistenfahne“ eher mit Hammer und Sichel in Verbindung gebracht, aber diese Symbole waren weit und breit nicht zu sehen. Die Fahne war Rot-Weiß-Rot und in den nächsten Tagen, ab dem 6. Mai, wechselten alle Fahnen sehr rasch über Weiß auf Rot-Weiß-Rot und nichts war kommunistisch. Eine weiße Fahne zu früh zu hissen, war zu dieser Zeit aber gefährlich, denn so lange das deutsche Militär und vor allem die Waffen-SS noch da waren, bedeutete dies mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tod.
Mir war damals nicht bewusst, dass Rot-Weiß-Rot bald wieder „unsere“ Farben sein werden, dass praktisch der Krieg und das Nazi-Regime zu Ende sei und dass wir künftig in einem neuen Staat leben werden. Die Zweite Republik begann in Ebensee damit aber bereits am 1. Mai 1945, wenn auch der Krieg noch nicht zu Ende war. Es ist nie bekannt geworden, wer diese Fahne am Wimmersberg-Felsen angebracht hat, zumindest ist es mir nicht bekannt geworden. Diesem Patrioten würde zumindest eine Gedenktafel gebühren. Es war wahrscheinlich jemand aus der Widerstandsbewegung, und da diese von den Komunisten dominiert war, war es insofern doch eine „Kommunistenfahne“, aber eine österreichische und unter Lebensgefahr angebracht.
Ein- zwei Tage vor dem Eintreffen der amerikanischen Truppen in Ebensee war noch von Verteidigung unseres Ortes die Rede gewesen, von Verteidigung bis zum Letzten. Von einer Festung war die Rede. SS-Lastwagen mit übergroßen Hakenkreuzfahnen, wie ich sie noch nie gesehen hatte, fuhren durch Ebensee in Richtung KZ. In der Almhausstraße fuhren sie mit lautem Heil-Geschrei an unserem Haus vorbei. „Wir verteidigen euch!“ sollte die Botschaft sein. Aber wir wollten eigentlich gar nicht verteidigt werden, Alle wollten, dass der Krieg endlich zu Ende wäre. Anderseits hatten wir aber auch Angst vor einem letzten Angriff, und Angst vor der Niederlage, den wir hatten ja keine Ahnung davon, wie das ausgehe. Schließlich ahnten wir ja doch, wie es in den von Deutschland eroberten Gebieten zugegangen war.
Wie die Kriegspropaganda wirkte, besonders auf Jugendliche und Kinder, kann ich mit folgender kleinen Geschichte illustrieren. Mitte April traf ich auf der Adolf-Hitler-Straße, ungefähr auf der Höhe der Konsum-Zentrale (das weiß ich noch genau) meinen Jungzugführer Gustl Stöttinger. Das muss man sich ja auch vorstellen: Ich war knapp 13, mein unmittelbarer „Chef“ um zwei Jahre älter. Diesem erzählte ich, was ich kurz vorher im Radio gehört hatte, dass der amerikanische Präsident Roosevelt gestorben sei. Gustl „freute“ sich übeschwenglich und sagte „in Russland will das Volks auch nicht mehr“ und deutete damit an, dass der Krieg zu Gunsten Deutschlands bald zu Ende sein könnte. Kann sein, dass er das selbst glaubte und ich ihm auch glaubte.
Auch auf den Lastwagen auf der Brücke gab es jetzt, am Vormittag des 6. Mai, auf einmal Fahnen, aber weiße. Wo die plötzlich herkamen? Natürlich waren sie vorbereitet worden, um zu kapitulieren. Von einem der ersten Lastwagen stieg ein Soldat aus, ohne Stahlhelm, unbewaffnet, mit einer weißen Fahne, ein Oberleutnant, wie wir mit Kennerblick sofort feststellten. Von den anderen Fahrzeugen in der Adolf-Hitler-Straße stieg ebenfalls ein Soldat aus. Stahlhelm mit Tarnnetz, schussbereite Maschinenpistole in der Hand. Dienstgrad konnten wir keinen erkennen, die Rangabzeichen schienen uns getarnt, weil die amerikanischen nicht so auffällig waren, wie die deutschen. Sieger und Besiegte waren aber deutlich zu unterscheiden. Beide Soldaten salutierten und reichten sich dann die Hände. Das schaute so unwirklich aus – immerhin hatte der Ami unter dem anderen Arm die Maschinenpistole – und doch so selbstverständlich. Feinde? Soldaten? Menschen ?
Wo waren die Parlamentäre jetzt, die unten beim See gestanden hatten, jetzt, wo die Amerikaner so einfach auf der Straße daherkamen? Oder war der Ort schon übergeben? Wie man später erfuhr, sind die Amerikaner an der "Übergabedelegation" einfach vorbeigefahren, haben einen oder mehrere Panzer beim Hotel Post aufgestellt (weil dort mehr Platz war) und haben der gaffenden Menge bedeutet, dass alle Zivilisten, also auch die Parlamentäre binnen fünf Minuten den Platz zu räumen hätten. Dolmetsch brauchten sie dazu keinen, die Leute verstanden auch so.
Wie es auf und um die Traunbrücke weiter ging, bekam ich nicht mit. Als Kriegskinder erwarteten oder befürchteten wir, dass jetzt etwas passieren werde, dass geschossen werde oder dass Gefangene gemacht werden. Vorsichtshalber suchten wir rasch das Weite.
Ich war in Zivil, grauer Lodenumhang, grauer Hut, es regnete ganz leicht. In manchen, späteren Berichten über diesen 6. Mai soll von einen „schönen Maitag“ die Rede sein. Ich erinnere mich aber sehr genau, dass es am Vormittag leichten Nieselregen gab. Erst am Nachmittag traf der „schöne Maitag“ zu. Zivil trug ich erst seit dem Morgen, am Tag davor und in der Nacht war ich noch in Uniform, dunkelblaue Winteruniform der DJ mit der Armbinde "Deutscher Volkssturm - Wehrmacht". Am Morgen, nach dem letzten Nacht-"dienst" vom 5. auf den 6. Mai, sagte eine Frau in der Standort-führung zu mir: "Zieh´ besser Zivil an" und ich tat es. Warum? Weil es so ähnlich wie ein Befehl geklungen hatte. Nach dem oben beschriebenen Gang über die Brücke wollte ich mich eigentlich „zum Dienst" melden, in Zivil, aber das war jetzt hinfällig.
Jetzt war der Krieg offiziell zu Ende. Es wurde nicht mehr geschossen und es fielen keine Bomben mehr. Was nun auf uns zukam, davon hatten wir keine Ahnung. Ist das der Friede? Was ist "Friede"? Wir wussten es nicht. Wir Halbwüchsigen hatten ja praktisch immer im Krieg gelebt. Ein paar Tage später beging ich meinen dreizehnten Geburtag, von Feiern und Geschenken war ohnedies keine Rede. Es war aber nach sechs Jahren der erste Geburtstag ohne eigentlichen Krieg, aber trotzdem kann ich mich an diesen Geburtstag nicht erinnern, weil uns (zumindest mir) damals alles rundherum wichtiger erschien als feierlose Geburstage.
* Deutsches Jungvolk (DJ) – NS-Organisation für 10–14 jährige Jungen.
Neugierige vor US-Panzerspähwagen nahe Hotel Post (re. ob.)
Befreite russische KZ-Häftlinge auf LKWs gegenüber Konsum bzw. Hotel Post (re. unt.)
Entnommen bzw. gescannt aus:
Walter Pilar, Lebenssee 3. Welle, Wandelalter,