Das Manifest des Ewigen Archivs
„Wir haben keine Chance – aber wir nützen sie!“
(frei nach Herbert Achternbusch)
Achtsam sein! Skeptisch bleiben!
Durch KI-(Künstliche Intelligenz) generierte Bilder und Videos sind nur die bunte und oft heitere Seite von KI, sind faszinierende, virtuelle Farbnebel, deren Funktion es ist, uns im großen Stil abzulenken und die dunkle und nüchterne Realität zu verschleiern.
KI ist ein zentraler Teil der gigantischen „Suchmaschinen“ und Datenkraken, in deren Netzen wir alle fest gefangen sind, die uns aussaugen, bis nichts mehr von uns bleibt, die uns in jeden Winkel der Welt verfolgen. Für diese Systeme und deren Nutznießer*innen sind wir ausschließlich interessant als Datenlieferant*innen und menschliche Bankomaten.
Motor für die Entwicklung und Hauptanwendungsgebiet von KI ist zuvorderst der militärisch-industrielle Komplex. Kombiniert mit der lückenlosen, permanenten Aufnahme und Vermessung der Erde („street view“), mit Systemen der Gesichtserkennung und weiteren Überwachungstechnologien kann jede*r von uns in Bruchteilen von Sekunden geortet und „neutralisiert“ werden.
Wir sind Produkt und Konsument*innen zugleich – aber den Profit dieser Transaktionen streifen Konzerne und deren Aktionär*innen ein. Social-Media-Websites und Streaming-Dienste wie Amazon, Facebook, YouTube, Twitter/X, Snapchat, ByteDance überwachen ihre Kund*innen in großem Umfang, um von persönlichen Informationen zu profitieren, um gezielte Werbung zu schalten, die Einnahmen generiert.
Firmen sind keine Demokratien und handeln, wenn man sie lässt, entsprechend den Zielen der Profitmaximierung und der Steigerung ihrer Macht. Der Staat vernachlässigt seine Aufsichtspflicht und kommt den Verpflichtungen seinen Bürger*innen gegenüber offensichtlich nicht nach.
Das Ewige Archiv ist ein beispielhafter Versuch, die Möglichkeiten einer individuellen, persönlichen „Suchmaschine“ auszuloten und zu demonstrieren – als bewusstes Gegenmodell zur Dominanz globaler kommerzieller Mediengiganten, deren einziges Ziel die Monetarisierung der User*innen und der Welt ist.
Grundidee der umfangreichen Webpräsenz des Ewigen Archivs ist es, in einem digitalen Kontext Bild-, Text- und Video-Material bereitzustellen und im Sinne eines reflektierenden Archivierens eine assoziative Zusammenschau zu ermöglichen und dazu anzuregen, selbst über das Momentane hinausreichend emanzipatorisch zu handeln und partizipativ aktiv zu werden.
Das Ewige Archiv bietet mit seiner umfangreichen Webpräsenz ewigesarchiv.at ein kostenfrei und leicht zugängliches Übungsfeld, um in einer weitgehend fremdbestimmten Umgebung Freiräume zu erkunden und zu besetzen.
Das Ewige Archiv, im Jahr 1980 von Peter Putz gegründet, versteht sich als dynamische Enzyklopädie zeitgenössischer Wirklichkeiten. Es ist eine der umfangreichsten nichtkommerziellen und unabhängigen Bilddatenbanken Österreichs, mit einem Bildbestand ab dem Jahre 1905, mit Metadatenverzeichnis und detaillierter Beschlagwortung.
Schwerpunkt ist die permanente fotografische Notiz: Spurensicherung des Alltags, Dokumentation und Vergleich unterschiedlicher Lebens- und Arbeitsräume. Diese Aufzeichnungen verdichten sich zu größeren Bezugsräumen und bilden ein facettenreiches Gewebe verschiedenster Realitäten mit besonderem Augenmerk auf Spektakulär-Unspektakuläres. Bilder der Sammlung werden zu themenbezogenen Tableaux zusammengefasst und mit kurzen Texten und weiterführenden Links auf ewigesarchiv.at veröffentlicht.
Dieser Bestand wird beständig erweitert, derzeit sind mehr als 3.300 Tableaux, Videos, Texte und weiterführende Links online und durch eine Vielzahl von Suchfunktionen auffindbar bzw. mitsammen verbunden.
„Ewigkeit“ kann von keinem Archiv postuliert, geschweige denn eingelöst werden, es kann nur als ironischer Verweis auf die Anmaßungen der Datensammlung und zunehmenden Überwachung gesehen werden und als Aufforderung dazu, einen letzten Rest von persönlicher Freiheit einzufordern und widerständig zu verteidigen.
Peter Putz
Ewiges Archiv
September 2024
# 3289
The Manifesto of the Eternal Archive
“We have no chance – but we use it!”
(freely adapted from Herbert Achternbusch)
Be mindful! Stay skeptical!
Images and videos generated by AI (artificial intelligence) are only the colorful and often cheerful side of AI, fascinating virtual color mists whose function is to distract us on a grand scale and obscure the dark and sober reality.
AI is a central part of the gigantic “search engines” and data octopuses in whose networks we are all trapped, which suck us dry until there is nothing left of us, which follow us into every corner of the world. For these systems and their beneficiaries, we are only of interest as data suppliers and human ATMs.
The driving force behind the development and main area of application of AI is first and foremost the military-industrial complex. Combined with the seamless, permanent recording and surveying of the earth (“street view”), facial recognition systems and other surveillance technologies, each and every one of us can be located and “neutralized” in fractions of a second.
We are both products and consumers – but the profits from these transactions go to corporations and their shareholders. Social media websites and streaming services such as Amazon, Facebook, YouTube, Twitter/X, Snapchat, ByteDance monitor their customers on a large scale to profit from personal information in order to place targeted advertising that generates revenue.
Companies are not democracies and, if left to their own devices, will act according to the goals of maximizing profits and increasing their power. The state is neglecting its duty of oversight and is clearly not fulfilling its obligations to its citizens.
The Eternal Archive is an exemplary attempt to explore and demonstrate the possibilities of an individual, personal “search engine” – as a conscious counter-model to the dominance of global commercial media giants whose sole aim is to monetize users and the world.
The basic idea of the Eternal Archive’s extensive web presence is to provide image, text and video material in a digital context and, in the sense of reflective archiving, to enable an associative overview and to encourage people to act in an emancipatory and participatory way beyond the momentary.
With its extensive website ewigesarchiv.at, the Eternal Archive offers a free and easily accessible training ground for exploring and occupying free spaces in a largely externally determined environment.
The Eternal Archive, founded in 1980 by Peter Putz, sees itself as a dynamic encyclopaedia of contemporary realities. It is one of the most comprehensive non-commercial and independent image databases in Austria, with a stock of images dating back to 1905, with a metadata index and detailed indexing.
The focus is on permanent photographic notes: securing traces of everyday life, documenting and comparing different living and working spaces. These records are condensed into larger reference spaces and form a multi-faceted fabric of the most diverse realities with a special focus on the spectacular and the unspectacular. Images from the collection are grouped into themed tableaux and published on ewigesarchiv.at with short texts and links to further information.
This collection is constantly being expanded, with more than 3,300 tableaux, videos, texts and further links currently online and can be found or linked together using a variety of search functions.
“Eternity” cannot be postulated by any archive, let alone redeemed; it can only be seen as an ironic reference to the presumptions of data collection and increasing surveillance and as a call to demand and resistively defend a last remnant of personal freedom.
Peter Putz
Eternal archives
September 2024
#3289