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Bist Du flüssig? Lass was raus · Are you liquid? Let something out

28/09/202209/28/2022

BIST DU FLÜSSIG? LASS WAS RAUS. Geständnisse eines Medikamenten-Testers für die Pharmaindustrie. Wien | AT · 2002 (© PP · # 2576 · www.ewigesarchiv.at) Ich wurde freundlicherweise eingeladen, einen Beitrag für ein Buch zum Thema Plakat//Werbung zu schreiben, das von Julia König, der Leiterin der Plakatsammlung der Wienbibliothek im Rathaus herausgegeben wird, Co-Herausgeber ist, denke ich, Bernhard Hachleitner (Ah Hallo ;-) Das freut mich außerordentlich, stellt mich aber vor ein beträchtliches Problem: Ich habe im Ewigen Archiv viel zu viel Material, ich taumle von einem MEGA- zum nächsten ROLLING-BOARD, beginne bei den Viertel-Bogen-Plakaten und ende bei den 32-ern, machs mir untertags bequem in einer Stadtmöblierung von JCDecaux, nächtige im Schlafsack in einem Wartehäuschen, das von GEWISTA-City-Lights heimelig beleuchtet wird. Heute Morgen wollte ich das Archiv-Tagewerk mit einem Digital-City-Light auf der Mariahilferstraße beginnen, auf das böse Menschen unflätige Worte gepinselt hatten – aber nein, es sollte wieder nicht sein. Bei Nummer 345 des 3940 Einträge umfassenden Departments „Werbung“ im Ewigen Archiv musste ich meinem Furor schon Einhalt gebieten: Zwei Werbetafeln aus 2002, all-time favorites of Yours Truly. „Lass was raus“ fordert mich eine sehr attraktive Frau im Arztkittel mit umgehängtem Stethoskop auf und eine fescher Mann mit identem Gerät und Infomappe fragt mich „Bist Du flüssig?“. Ich fand damals wie heute das Gesamtpaket sensationell. Der Text dazu: „Blutplasma kann man problemlos 5 x im Monat spenden. (Blut spenden nur etwa 5 x im Jahr) Das geht so oft und ist so einfach, weil sich Blutplasma im Körper ständig erneuert. Wir brauchen es für die Universitätsklinik. Und für hochwertige Medikamente. Komm doch mal vorbei. Es wird nicht umsonst sein. öS 250,– / € 18,– HUMANPLASMA“ Irrsinnig gut, besser geht’s nicht, auch nicht unverfrorener – und bekommt deshalb von mir den werbeplakat-mäßig „pädagogisch besonders wertvoll-Stempel“. Also muss dieses Kleinod, dieser geschliffene Brillant heute vor den bescheidenen FB-Vorhang treten. Voilá.

Bei der Zusammenstellung fiel mir dann ein, dass ich selbst als Student, etwa 1976, ein Versuchskaninchen der Pharmaindustrie war. Auf der Angewandten hatte sich die Kunde verbreitet, dass mit Medikamententests relativ schnell gutes Geld zu verdienen war. Nachdem ich damals eben NICHT FLÜSSIG war, begab ich mich ins AKH zur Pharmakologischen Abteilung. Einer der Tests ging so: Eine französische Pharmafirma wollte ein Rheumamittel testen. Die High-Risk-Desperados – darunter eben auch ich – bekamen in der Früh eine Injektion verpasst, (keiner wusste, ob er das Medikament oder ein Placebo gespritzt bekam) dann wurde in den ersten Stunden alle 15 Minuten Blut abgezapft (wir hatten natürlich eine Dauerkanüle), dann den ganzen Tag über jede Stunde. Urin durfte natürlich kein Milliliter verloren gehen, jeder Tropfen musste abgefüllt werden. Am Abend bekamen wir große Flaschen für die Urinsammlung der kommenden Tage. Das begab sich ein Mal wöchentlich fünf oder sechs Wochen lang. Ich kann mich erinnern, dass einer in unserer illustren Gruppe, ein Amerikaner, wie Jack Nicholson ausschaute – vielleicht war ers ja wirklich. Nach Abschluss des Verfahrens wurden wir mit je 15.000 öSchillingen entlohnt, was eine Menge Kohle war. Noch besser bezahlt, und nur mit einem Zeitaufwand von einem Tag: Ein Herzmittel testen. Dafür wurde aber auch eine Herzkanüle eingeführt und man musste sich gleich auf den OP-Tisch legen – für allfällige Komplikationen. Das war mir dann doch zu steil.

ARE YOU LIQUID? LET SOMETHING OUT. Confessions of a drug tester for the pharmaceutical industry. Vienna | AT · 2002 (© PP · # 2576 · www.ewigesarchiv.at) I was kindly invited to write a contribution for a book on the subject of posters//advertising, which is being published by Julia König, head of the poster collection at the Vienna City Library , I think the co-editor is Bernhard Hachleitner (Ah hello 😉 That makes me extremely happy, but it presents me with a considerable problem: I have far too much material in the Eternal Archive, I stagger from one MEGA to the next ROLLING BOARD, starting with the quarter-sheet posters and ending with the 32s, make myself comfortable during the day in street furniture from JCDecaux, spend the night in a sleeping bag in a bus shelter, cosily illuminated by GEWISTA City Lights. This morning I wanted to start the archive work with a digital city light on Mariahilferstraße, on which bad people had painted foul words – but no, it wasn’t to be. I had to stop my fury with number 345 of the 3,940 entries in the “Advertising” department in the Eternal Archive: two billboards from 2002, all-time favorites of yours truly. “Let something out” asks me a very attractive woman in a doctor’s coat with a stethoscope and a handsome man with the same device and information folder asks me “Are you liquid?”. Then as now, I found the whole package sensational. The text: “You can donate blood plasma 5 times a month without any problems. (Donate blood only about 5 times a year) This can be done so often and is so easy because blood plasma in the body is constantly renewed. We need it for the university hospital. And for high-quality medicines. Come on by some time. It won’t be in vain. ATS 250.00 / € 18.00 HUMANPLASMA” Insanely good, it couldn’t be better, not more brazen either – and that’s why I get the “pedagogically particularly valuable stamp” from me as advertised by posters. So this gem, this cut diamond, has to step before the humble FB curtain today. Voila.
As I was putting this together, it occurred to me that as a student, around 1976, I was a guinea pig of the pharmaceutical industry. The word had spread at the Angewandte that good money could be made relatively quickly with drug tests. After I was NOT LIQUID at the time, I went to the pharmacological department of the AKH. One of the tests went like this: A French pharmaceutical company wanted to test a rheumatism drug. The high-risk desperadoes – including myself – were given an injection in the morning (no one knew whether they were given the drug or a placebo) then blood was drawn every 15 minutes for the first few hours (of course we had one indwelling cannula), then every hour throughout the day. Of course, not a milliliter of urine was allowed to be lost, every drop had to be filled. In the evening we were given large bottles for collecting urine for the coming days. This happened once a week for five or six weeks. I can remember that one of our illustrious group, an American, looked like Jack Nicholson – maybe he really was. After completing the process, we were each paid 15,000 Austrian shillings, which was a lot of money. Even better paid, and only with a time investment of one day: Test a heart drug. But a heart cannula was also inserted for this and you had to lie down on the operating table straight away – for any complications. That was too steep for me.

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